Parteipolitik
Ja ja, an Parteipolitik der unterschiedlichsten Art habe ich in meinem Leben schon oft teilgenommen. Und jedes Mal musste ich mich von den politischen Freunden trennen, weil jedes Mal dort Dinge vertreten wurden, die ich nicht mittragen wollte, und weil ich dann auch viele menschliche Enttäuschungen erleben musste, was am meisten weh tut.
 
In meiner ganz frühen Jugend war ich noch religiös eingestellt, und zwar evangelisch christlich, war politisch sehr konservativ und, dass muss ich schon zugeben, sehr sehr naiv (was eine gewissen Naivität auch heute noch nicht ausschließt) und so war ich CDU-Wähler. Eine Zeilang, und zwar als ich bei der Bundeswehr war, tendierte ich unter dem Eindruck der Umgebung auch nach deutlich weiter rechts, was aus meinem Gefühl nur die CDU-Politik war, jedoch konsequenter.
 
Während des Abendgymnasiums schon aber später dann auf der Uni kam mein politischer Wandel, genauer gesagt: kam überhaupt erst Interesse bei mir auf, mich um politische Fragen zu kümmern, doch waren das immer gesellschaftspolitische Fragestellungen. Eine Zeitlang glaubte ich wie alle politisch engagierten StudentInnen, dass ich mich in einer breiten Bewegung emanzipierter Menschen aufgehoben fühlte, der antiautoritären StudentInnenbewegung, aus der dann aber verschiedene politische Richtungen wuchsen.
 
Unter dem Eindruck der Ereignisse wurde ich dann eine Zeitlang Anhänger Maos Kulturrevolution und nahm an maoistischen Versammlungen und Vereinigungen teil. Aber dort tauchten dann Positionen auf, die mich an nationalistische Positionen erinnerten, mit denen ich innerlich abgeschlossen hatte.
 
Brands Verständigungspolitik mit den osteuropäischne Staaten machte aus mir eine Zeitlang einen beitragzahlenden Sozialdemokraten. Doch schon damals wollte ich eher Formen direkter Demokratie anstreben, was sich Radikaldemokratie nannte, und so half mit, die Grüne Liste Hessen zu gründen (im lokalen Bereich die Wiesbadener Liste WiLi) weil man dort sowohl die Lesben- und Schwulenpolitik als auch die Friedens- und Umweltpolitik unterbringen konnte.
 
Aber schon bei der Gründung der Partei "Die Grünen" in Karlsruhe wurde mir klar, dass ich mich schon wieder auf dem Weg in eine Parteimitgliedschaft befand zusammen mit Menschen, die ganz andere Ziele hatten, als ich sie hatte, und wurde dort kein Mitglied. Später, als mir eine PDS-Mitgliedschaft angetragen wurde, lehnte ich ab. Auch als innerhalb der Lesben- und Schwulenbewegung eine Organisation gebildet wurde, die versuchte, die linksintellektuellen alten KämpferInnen der Bewegung für einen Anti-LSVD-Politikverband zu gewinnen, ließ ich mich nicht darauf ein. Ich bin schon zu alt für weitere Irrtümer und Enttäuschungen dieser Art. Außerdem, diese Gruppen und Bestrebungen scheint es nicht mehr zu geben.
 
Diese Organisationsformen "Partei" tragen in sich schon als Kern eine autoritäre Struktur, nämlich die Parteihierarchie mit einer klar erkennbaren Machtabgabe nach oben.
 
Die Abkehr von Partei- und Verbandspolitik heißt aber nicht, dass ich nicht gelegentlich zugunsten meines gesellschaftspolitischen Ansatzes Verbände, Strömungen oder Bewegungen unterstütze. Aber eben von außen. Ich habe da nun wirklich genug Lehrgeld bezahlt. Gesellschaftspolitk halte ich aber für sehr wichtig.
 
Joachim Schönert
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