- 36. Lust: Juni/Juli 96
- Über Sexismus und Hetro(a)sexismus
- Für die Diskussion von
Lesben und Schwulen, die emanzipatorisch arbeiten wollen, ist
dieses Referat möglicherweise von einiger Bedeutung.
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- 1. Sexismus
Es handelt sich beim
Sexismus laut lexikalischer Definition um Ideologien und Verhaltensweisen,
die einen Menschen aufgrund seines Geschlechtes bevorzugen oder
benachteiligen. Der klassische Sexismus beruht auf dem Vorurteil,
daß die Frau dem Mann körperlich und intellektuell
unterlegen sei. Ähnlich wie im Rassismus, wo unterstellt
wird, es gäbe von Natur aus niedrigere und höherwertige
Rassen, wird auch der Sexismus biologisch, also mit der Natur,
begründet, nämlich, daß der Mann von Natur aggressiv
sei, die Frau eine angeborene Verantwortlichkeit für Familie
und Kinder habe. Der Sexismus hat seinen Sinn darin, eine Rechtfertigung
für die Unterdrückung der Frau zu haben, wie der Rassismus
beispielsweise die Rechtfertigung für die Unterdrückung
von Menschen z.B. mit der falschen Haar-, Hautfarbe, Nasenform
usw. liefern soll.
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- 1.1.Gegensexismus
Hiervon gibt es zwei
Möglichkeiten. Entweder wird die Wertigkeit der angeblichen
Eigenschaften umdefiniert, z. B.: die weibliche Sensibilität
ist wertvoller, stärker, edler als die männliche Aggressivität,
oder die Eigenschaften werden bestritten oder umgedreht, etwa,
daß eine Frau in Wirklichkeit körperlich stärker
sei als ein Mann, bewiesen zum Beispiel durch das Gebären
mit all seinen Schmerzen.
Das entspricht im Rassismus etwa folgendem Gesprächsmuster
gegenüber der Aussage, Weiße seien intelligent und
Schwarze nur körperlich stark: Die körperliche Stärke
des schwarzen Mannes lasse den weißen weibisch gewordenen
Fachidioten im Bett und im Sport einfach alt aussehen, oder der
Auffassung, daß Schwarze in Wirklichkeit intelligenter
seien, nur unterdrückt, und blonde weiße Männer
seien im Grunde nur brutal und dumm.
Man muß zugeben, daß der Gegensexismus (Gegenrassismus)
in Wirklichkeit auch sexistisch (rassistisch) ist. Er ist die
Umkehrung einer repressiven Ideologie und, obwohl als Gegenwehr
erfunden, ebenfalls repressiv.
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- 1.2.Antisexismus
Hier wird bestritten,
daß die Geschlechtsunterschiede solche elementaren angeborenen
Charaktereigenschaften verursachen können. Die tatsächlich
von jedem Menschen sichtbaren Verhaltensunterschiede haben in
Wirklichkeit ihre Ursache im anerzogenen Rollenverhalten, hinter
dem die Nutzbarmachung der unterschiedlichen Geschlechter für
verschiedene Aufgaben steht, was zur Folge hat, daß Frauen
in eine schlechtere Lage gegenüber Männern geraten.
Dies entspricht der Auffassung, daß die sozialen Unterschiede
zwischen Weißen und Schwarzen z.B. in Südafrika nichts
damit zu tun haben, daß Schwarze generell dümmer seien,
sondern damit, daß sie aufgrund der Unterdrückung
durch Weiße gar keine Chance hatten, zu Wohlstand zu kommen.
Der Antisexismus und Antirassismus bestreitet, daß es biologische
(oder religiöse usw.) Gründe oder Rechtfertigungen
für Vor- oder Nachteile einer Gruppe in einer Gesellschaft
gegenüber einer anderen Menschengruppe gibt. Er hat das
Hinterfragen und vielleicht auch die Beseitigung solcher Ideologien,
anerzogenen Rollenverhalten, Unterdrückungen und Diskriminierungen
zum Ziel.
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- 1.3. Opfer des Sexismus oder
Rassismus
Opfer von Unterdrückung
und Diskriminierung sind nicht unbedingt GegnerInnen dieser Unterdrückung.
Oft ist sogar das Gegenteil der Fall: sie geben Erlittenes mit
gleichen Begründungen an andere weiter. Hier gibt es die
unterschiedlichsten Varianten der anpassenden Verhaltensweisen.
Oper solcher Diskriminierungen können z.B. die diskriminierenden
Ideologien für wahr halten, oder sie erkennen die Vorteile
für sie, andere zu diskriminieren und dafür eine Ideologie
zu haben, die sie von persönlicher Schuld freispricht. Vom
Sexismus betroffene Frauen können sich gegenüber anderen
Frauen als verlängerter Arm von Sexisten verhalten oder
sie sind z.B. Rassistinnen. Opfer des Rassismus können selbst
rassistisch sein, oder sie sind Sexisten. Es käme eben darauf
an, weder diese diskriminierenden Vorurteile selbst für
richtig zu halten noch gegenrassistisch oder gegensexistisch
zu operieren, sondern aus solchen dumpfen Engstirnigkeiten herauszukommen,
generell gegen die Unterdrückung zu sein, antisexistisch
und antirassitisch zu sein. Brecht: "Und weil der Mensch
ein Mensch ist, drum hat er Stiefel im Gesicht nicht gern. Er
will unter sich keine Sklaven sehn und über sich keine Herrn".
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- 2. Hetero- und Heterasexismus
Die hetero- und heterasexistischen
Menschen sind von ihrer körperlichen, mentalen, psychischen,
emotionalen und intelektuellen Überlegenheit über homosexuelle
Menschen überzeugt. Der Heterosexismus reagiert anders auf
Lesben als auf Schwule und wieder anders als der Heterasexismus
auf Lesben und auf Schwule reagiert.
Beide gehen von der Dualität der Menschen in der Sexualität
wie in anderen Lebensbereichen aus. Sie interpretieren Erscheinungsformen,
die sie bei uns beobachten, aus der Sicht des Mann-Frau-Gegensatzes.
So wollen sie z.B. in unseren Beziehungen, wenn es sich um Zweierbeziehungen
handelt, den "Mann" und die "Frau" erkennen.
Handelt es sich nicht um Zweierbeziehungen, so ist dies nach
ihren Normen "Treuebruch", Perversion. Aus ihrer Sicht
muß dann einer der PartnerInnen leiden, denn jeder Mensch
ist ja nur ein unvollständiges Wesen ohne das ergänzende
Gegengeschlecht, und ein weiterer Mensch ist nach ihrer Vorstellungswelt
dann nur Rivale oder Ähnliches, da für sie der möglichst
vollständige Besitz des Partners, der Partnerin wichtig
ist. Eifersucht ist ihnen eine Tugend und die Freiheit des Individuums
achten sie nur, wenn sie ihnen nutzt. Sie halten den Mann-Frau-Dualismus
für ein Naturgesetz und wollen unsere Lebensformen "normalisieren",
also in ihre Vorstellungswelten einordnen. Hetero- und HeterasexistInnen
bemerken nicht, daß ihre Äußerungen gegen Homosexualität
und Homosexuelle letztlich den ihren anvertrauten homosexuellen
Kindern vermittelt, daß sie mit ihren Neigungen schlimm,
krankhaft usw. seien, daß die im Coming Out so notwendigen
Erprobungen mit unterschiedlichen Menschen Treuebruch sei. So
unterscheiden sie zwischen guten und schlimmen Lesben und Schwulen,
wobei die guten die sind, deren Lebensstil am meisten ihrem angepaßt
ist.
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- 2.1. Heterosexismus gegenüber
Schwulen
Bei Heterosexismus handelt
es sich um das Bewerten lesbischer und schwuler Lebensart aus
der Sicht des heterosexuellen Mannes, der ja bekanntlich vor
nichts Angst hat, außer davor, kein "richtiger"
Mann zu sein. Schon die Schulkinder disziplinieren sich gegenseitig
mit dem Vorwurf: "Du bist wohl schwul". Dabei verwechseln
sie allerdings die sexuelle Neigung damit, ob der Junge eher
brutal oder eher sensibel ist. "Schwul" ist ihnen also
das Nichterreichen des sexistischen Männerbildes. Weil sie
es (angeblich) geschafft haben, so zu sein wie Arnold Schwarzenegger,
was ihnen große Mühen machte und wo es immer wieder
Rückfälle gibt, verachten sie die Schwulen als Versager
und Weichlinge. Es gibt Heteros, die gerne die Nähe von
Schwulen aufsuchen, weil sie die Zuwendungen genießen,
die ihnen von schwulen Männern entgegen gebracht werden,
während sie den Schwulen gleichzeitig vorwerfen, sie dächten
nur an Sex. Dies ist in gewisser Weise ein Diva-Verhalten. In
der Regel stört den Hetero-Sexisten aber, von einem Mann
angemacht zu werden, weil er die passive Rolle des Angemachtwerdens
verachtet. Der Mann macht an, die Frau wird angemacht. Er will
nicht erleben, was er Frauen zumutet. Er will nicht in die Rolle
der Frau gedrängt werden. Um die eigentlich Homosexualität
geht es ihnen nicht, denn die praktizieren sie ja entweder direkt
in Heimen oder Knästen oder indirekt durch gemeinsames Sprechen
über Sexualität mit Frauen. Die Schwulenschläger
halten sich dort auf, wo sich Schwule gegenseitig anmachen, um
dann vor sich und anderen sagen können: "Die schwule
Sau hat mich angemacht". Einen heterosexuellen Mann anzumachen,
ist nach vielen Strafgesetzbüchern eine Beleidigung, wenn
dies eine Einladung zur Homosexualität ist. Übrigens
wird auch von Frauen erwartet, daß sie sich von einem Mann
anmachen lassen. Sie setzen sich sonst dem disziplinierenden
Vorwurf aus, eine Hure zu sein.
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- 2.2. Heterosexismus gegen
Lesben
Die Bestimmung der Frau ist
es, sich heiraten zu lassen und dann im Ehegefängnis die
Kinder zu versorgen. So hält es der Hetero für normal.
Er will Frauen erobern (können). Um das zu erreichen, will
der Mann imponieren, zeigen, daß er doch so viel besser
als all die anderen Männer ist, und dann ist es natürlich
aus seiner Sicht nicht angenehm, wenn diese Frau ausgerechnet
eine Frau ihm vorzieht. Natürlich wäre es für
ihn prima, wenn er der Schwanz zwischen zwei Frauen wäre.
Hetero glaubt, mit seinem Schwanz könne er Lesben ein für
allemal kurieren. Männer können sich gar nicht vorstellen,
daß es Sex ohne (ihren) Schwanz geben kann. Lesben sind
ansonsten für ihn unheimliche Wesen, die er nicht verstehen
kann, und deshalb beschäftigt sich der Heterosexist auch
nicht mit ihnen, zumal sie ja ohnehin für ihn keine Bedeutung
haben, da ihn eigentlich nur die sexuelle Verfügbarkeit
an Frauen interessiert, was er besonders Frauen gegenüber
nie zugeben würde. Lesben werden im allgemeinen durch Ignoranz
gedemütigt und dadurch, daß man sie nicht ernst nimmt.
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- 2.3. Heterasexismus gegen
Lesben
Bei Heterasexismus handelt
es sich um das Bewerten des schwulen und lesbischen Lebensstiles
aus der Sicht und Interessenslage einer heterosexuellen Frau.
Lesben sind dadurch, daß sie einen Lebensstil führen,
der nicht als Ergänzung eines Mannes gedacht ist, eine ständige
Erinnerung daran, daß es auch andere Zweckbestimmungen
für Frauen geben könnte. Also werden Lesben aus den
Medien, aus der Öffentlichkeit verbannt oder als Zerrbild
dargestellt. Wo sie sichtbar sind, wertet die Heterasexistin
lesbische Beziehungen nach dem Hetera-Hetero-Modell. Die Rollen
Butch und Femme wertet sie als Mann und Frau, wobei ihre Abneigung
der Butch gilt. Da ist von Mannweibern die Rede, die einen Mann
nachspielen würden. Sie ist nicht in der Lage zu erkennen,
daß "Frau" einfach mehr Facetten hat, als nur
Weibchen und Mutter. Während Butch eher ein Aggressionsobjekt
ist, wird Femme eher bedauert. Butch wird bei der feministischen
Variante des Heterasexismus gelegentlich auch als Verräterin
angesehen, weil sie sich auf die Männerseite schmuggeln
wollte. Hier wird auch oft bestritten, daß es eine lesbische
Identität überhaupt gebe.
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- 2.4. Heterasexismus gegen
Schwule
Frauen kommt in der Gesellschaft
die Rolle der moralischen Instanz in den Beziehungen zu. Sie
ziehen persönliche Befriedigung aus der kontrollierenden
Beziehungsmacht gegenüber Männern. Heterasexistinnen
sehen schwule Beziehungen wie heterosexuelle Ehen. Sie suchen
sich einen der beiden als Opfer aus, den anderen als Täter.
Täter sind etwas älter als die Opfer, etwas dicker
als das Opfer, etwas "maskuliner" als die Opfer. Wenn
also ein junger Mann im Coming Out den Wunsch hat und die Gelegenheit
bekommt, die nächsten Schritte seiner homosexuellen Entwicklung
in Experimenten mit einem Mann zu erleben, der deutlich anders
(z.B. älter) ist als er, dann ist für sie der junge
Mann Opfer und der ältere Mann Täter in dieser Beziehung.
Das ganze ist ihnen ja ohnehin unmoralisch, weil die Heterasexistin
ja weiß, daß Sex mit einer Frau schön ist und
mit einem Mann nur selten schön. Der junge Mann soll dann
vor dem älteren Mann geschützt werden.
So ging es uns einmal in einer aggressiven Befragung durch eine
Frau, die uns die Rechtfertigung des sexuellen Mißbrauchs
unterstellte. Sie fragte uns, ob wir denn Jugendliche, die im
Coming Out zu uns kämen, vor Sexualität mit Erwachsenen
warnen würden, und ob wir den Opfern des homosexuellen Mißbrauchs
helfen würden. Zu uns ist noch nie jemand mit diesem Anliegen
gekommen, eher im Gegenteil. Diese Frau überträgt vielleicht
ihre eigenen Erfahrungen in heterosexuellen Zusammenhängen
auf den schwierigen Prozeß der Coming-Outes. Bei dem kommt
es darauf an, endliche den lustvollen sexuellen Schritt ohne
Schuldgefühle zu machen, den man lange ersehnt hat und vor
dem man sich auch fürchtet, weil man ja gelernt hat, welche
Sauerei das sei.
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- 2.5. Opfer des Hetero- und
Heterasexismus
Lesben und Schwule leben
in einer Gesellschaft, die einseitig heterosexuell ausgerichtet
ist. Aus der Tatsache heraus, daß ich mich z.B. als Schwuler
erkenne, ergibt sich nicht automatisch, daß ich das ganze
ideologische Konstrukt durchschaue. Lesben und Schwule haben
oft die gleichen Ideologien wie unsere GegnerInnen und fühlen
sich deshalb auch oft schuldig für Bedüfnisse und Sehnsüchte,
die nicht "moralisch" sind. Bei den Kontaktanzeigen
in einschlägigen Blättern ist zu beobachten, daß
viele damit werben, daß sie die eine wahre Zweierbeziehung
wollen, und deshalb besser als all die anderen seien, die "nur"
Sexkontakte suchen würden. Es ist auffallend, daß
kaum mehr jemand einfach Sexkontakte sucht, alle versprechen
die eine wahre Zweierkiste. Nach einem genußvollen One-Night-Stand
aber finden sie viele Gründe, warum der/die andere als Beziehung
nun wirklich nicht in Frage kommt. Er/Sie ist schwul. Andere
fühlen sich schlecht, wenn nach einer tollen Nacht die gesellschaftlich
und selbst gewünschte Beziehung sich nicht einstellt. Ist
das gute Erlebnis der Nacht dadurch wertlos geworden?
Niemand kann ohne tiefere zwischenmenschliche Beziehungen leben,
glaube ich wenigstens. Aber muß sie so ablaufen, wie es
die heterosexuelle Ehemoral vorschreibt? Keine Angst. Sie läuft
so auch nicht ab. Lediglich fühlen wir uns dafür schuldig.
Und die sexistische wie auch hetero(a)sexistische Moral benutzen
viele Lesben und Schwule auch gerne gegen andere Lesben und Schwule,
um Sündenböcke zu haben, um Vorteile gegenüber
anderen zu haben, um beim Cruisen besser dazustehen als die anderen
und um in der (heterosexuellen) Gesellschaft besser dazustehen
als andere. Die heterosexuelle Ideologie der Verführung
der Jugend durch (ältere) Schwule nutzen viele, um vor den
älteren zu warnen, um sich an die Quelle setzen zu können.
Sie gründen eine altersausgrenzende Gruppe und verkünden
dort die Moral, daß es ihnen um wahre Beziehungen und nicht
um Sex gehe. Lesben disziplinieren sich gegenseitig mit Wörtern
wie Schlampe (für eine Lesbe, die nicht nur mit einer Frau
Sex haben will) und "Mannweib" (für eine Lesbe,
die nicht genug anpassungswillig ist). Das führt dazu, daß
viele Lesben und Schwule vereinsamt sind, AlkoholikerInnen wurden,
die Leere hinter den Fassaden schmerzhaft erleben.
Hier treffen sich die Schicksale mit antisexistischen Heteros
und Heteras, die in der gegenwärtigen gesellschaftlichen
Situation ebenfalls eher in die Enge getrieben werden und als
negative Beispiele mißbraucht, als Sündenböcke
für die Probleme anderer herhalten müssen. Es gibt
nur wenige vereinzelte anti-hetero(a)sexistische Lesben und Schwule.
Leichter ist eben, mit den Wölfen zu heulen, die Lacher
auf seiner Seite zu haben, nicht alles so "verbissen"
zu sehen und wie die anderen Sprüche alle heißen.
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- 3. Unsere Bewegung
Nachdem der § 175
StGB endlich abgeschafft war, fragten sich gewisse politische
Schwulenorganisationen, ob die Schwulenpolitik überhaupt
noch Ziele hätte. Als unsere Aufgabe kann nicht übrig
bleiben, mit einigen größeren Veranstaltungen den
Lokalen und Discotheken konkurrenz zu machen. Einige begannen,
nach Stellen zu suchen, wo die Gleichstellung mit Heterosexuellen
nicht vorhanden sei, zum Beispiel das Recht auf militärische
Karriere, Recht auf staatlich und kirchlich bestätigte Zweierbeziehung
nach den Hetero-Normen usw. Selbständige Lesbenpolitik wurde
auch nicht formuliert, sondern die Verknüpfung von eigentlich
heterosexuellen Zielen (Mann-Frau-Auseinandersetzung) mit lesbischen
Interessen.
Ich meine, in beiden Ansätzen ist etwas Richtiges und etwas
Falsches. Natürlich muß dagegen angegangen werden,
daß Lesben und Schwule von etwas ausgeschlossen werden,
weil sie Lesben und Schwule sind, denn das ist eine offenkundige
Diskriminierung. Auch wenn es sich um etwas Blödes handelt,
haben noch immer wir darüber die Entscheidung zu fällen,
jede(r) einzelne von uns. Richtig ist auch, daß der Sexismus
von Männer, Frauen gegenüber, alle Frauen trifft, egal
welcher sexuellen Identität sie sind. Allerdings, die erreichte
Emanzipation der Frau würde nicht automatisch heterasexistische
Ideologien und Strukturen verschwinden lassen.
Die Gleichstellung der Rechte von Lesben und Schwulen mit denen
der Heteros ist unser kurzfristigstes Ziel, doch dabei müssen
wir sorgen, daß der Individuelle Spielraum nicht in der
Weise beschnitten wird, daß wir nur noch heterosexuelle
Normen und Werte für richtig halten und als Maß aller
Dinge vertreten, vielleicht sogar gegen uns untereinander verwenden..
Das mittelfristige Ziel wäre es, Diskriminierungen aufgrund
Geschlecht aber auch der Hautfarbe zu bekämpfen. Das langfristige
Ziel muß aber die Bekämpfung des Hetero(a)sexismus
sein. Die Arbeit an z.B. kurzfristigen Zielen sollte aber, so
meine ich, das langfristige Ziel immer im Auge behalten, wenn
die Gleichstellung nicht unsere Emanzipation opfern soll.
Also, Lesben und Schwule, die politische Bewegung hat ihr Ende
noch lange nicht erreicht. Uns Lesben und Schwule fällt
gerade wegen unserer Außenseiterrolle manches auf, was
heterosexuelle Menschen nicht in Frage stellen. Da haben wir
eine wichtige Aufgabe, die nicht nur uns das Leben erleichtern
kann.
- (Joachim
Schönert)
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